Rund 120 Teilnehmer aus 18 europäischen Landesver­bänden und aus aller Welt kamen in den Räumlichkeiten des Fraunhofer IPK zusammen

DER EUROPÄISCHE WERKZEUGBAU TRAF SICH ZUM ISTMA EUROPE MEETING 2025 IN BERLIN

VDWF News

Am 3. und 4. November traf sich der europäische Werkzeugbau zum ISTMA Europe Meeting in Berlin. Rund 120 Teilnehmer aus 18 Landesverbänden folgten der Einladung des Verbands Deutscher Werkzeug- und Formen­bauer (VDWF), der die Rolle des Gastgebers und Organisators übernahm. Vertreten waren aber nicht nur die Mitgliedsverbände der ISTMA Europe und deren Unternehmen, sondern ebenso Akteure aus der Forschung und den wichtigsten Kundenbranchen. Im Zentrum der Veranstaltung: der Wille zur Vernetzung, der Blick nach vorn und die Frage, wie Europa sich im globalen Wettbewerb gemeinsam stärker positionieren kann.

Forschung trifft Anwendung trifft Markt

Austragungsort der Veranstaltung war das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK – ein Ort, der nicht nur sinnbildlich, aber auch ganz konkret für Hightech-Innovation steht. Auf die Berichte der ISTMA und die Präsentationen der einzelnen Werkzeugmacher-Landesverbände­ folgte am Montag, dem ersten Veranstaltungstag, eine zweistündige Führung durch das Institut. Die Teilnehmer erhielten exklusive Einblicke in hochaktuelle Forschungsprojekte rund um Präzisions­technologien, Automatisierung und Digitalisierung. Dabei wurden wechselseitige Impulse gesetzt, wie sich derartige Innovationen in die industrielle Fertigung übertragen und wo sich gerade mit dem Know-how der Werkzeug­macher neue Geschäftsfelder erschließen ließen – beispielsweise bei optischen Anwendungen oder im Fluidmanagement. „Hier kamen drei Welten zusammen: Forschung, Anwender und Abnehmer“, sagt Stephan Berz, Präsident von ISTMA Europe und Markenbotschafter des VDWF. „Jede dieser Gruppen konnte etwas einbringen und auch mitnehmen. Das war überaus wertvoll.“

Zusätzliche Einblicke lieferte Berz mit der Vorstellung des Automotive Tooling Fore­cast – einer­ Marktstudie der Automobilin­dustrie, als größter Abnehmer von Werkzeugtechnik in Europa, die einen strukturierten Überblick über anstehende Fahrzeugprojekte bis 2028 sowie den daraus resultierenden Werkzeugbedarf für 2026 liefert. Die erst­mals präsentierte Studie erscheint künftig halbjährlich und soll Werkzeugmachern „als echten Mehrwert“, so Berz, regelmäßig verwertbare Marktdaten an die Hand geben.

Die Kundenperspektive im Werkzeugbau

Herzstück des zweiten Veranstaltungstags waren die Vorträge mit Podiumsdiskussionen: Kundenvertreter aus den Bereichen Automotive, Logistik und weiße Ware brachten ihre Sicht auf den Werkzeug- und Formenbau ein: Sie beschrieben ihre Anforderungen, ihre eigenen­ Herausforderungen – und was sie sich in Zukunft­ von der Branche erwarten. „Dieser Blick von außen war zentral“, betont Stephan Berz. „Es hat sich die Frage herauskristallisiert, wie wir als Werkzeugmacher Mehrwerte schaffen, diese sichtbar machen und konsequent in unsere Kundenbranchen kommunizieren.“

Für VDWF-Präsident Prof. Thomas Seul war es ein Event der unerwarteten Erkenntnisse: „Ich habe echte ‚Sternschnuppen‛ entdeckt – Perspektiven, über die ich so noch nicht nachgedacht habe, die dann plötzlich aufblitzen und einen Aha-Moment nach sich ziehen.“ Sein Fazit: „Technologisch ist der Werkzeug- und Formenbau in Europa stark. Aber in Projektmanagement und strategischer Positionierung gibt es eindeutig Aufholbedarf.“

Politische Nähe mal anders: Besuch in der gläsernen Kuppel des Bundestags (Bilder: VDWF)

Der europäische Werkzeugbau wächst zusammen

Die Zeit jenseits der Tagungsagenda stand dann während des „Berliner Backstage“-Programms auch ganz im Zeichen des Netzwerkens – etwa der Besuch einer Oldtimer-Ausstellung, der abendlichen Spreerundfahrt­, der Besichtigung des Bundestags, beim gemeinsamen Essen oder beim Absacker auf dem Fernsehturm. „Wir haben eine Atmosphäre geschaffen, in der sich Menschen begegnen konnten. Daraus entstand echtes Vertrauen – die Basis jeder Kooperation“, sagt Prof. Thomas Seul. „Ganz deutlich wurde das bei den gemeinsamen Busfahrten: Es wurde richtig turbulent – im besten Sinne. Alle redeten durcheinander, alle redeten mitein­ander – unabhängig von Herkunft, Sprache und Funktion. Da habe ich gemerkt: Hier wächst der europäische Werkzeugbau gerade zusammen.“

Europa und China – Lernbereitschaft statt Frust

Ein weiteres zentrales Thema des Events, ob auf der Bühne oder im zwischenmenschlichen Austausch, war der Wettbewerb mit China­. Statt jedoch in pauschale Kritik zu verfallen­, dominierten differenzierte Stimmen. Die Kernaussage: Europa sollte nicht den Fehler machen, China für seinen Aufstieg zu verurteilen und in Trotz zu verfallen. Vielmehr gelte es, sich konstruktiv mit den Erfolgsfaktoren auseinanderzusetzen – und daraus eigene Schlüsse zu ziehen. „Man bestraft im Fußball auch nicht den Sieger – man analysiert, wie er gewonnen hat. Dann steht man beim nächsten Mal wieder auf dem Siegertreppchen“, bringt es Stephan Berz auf den Punkt. 

Gerade deshalb blicken viele europäische Werkzeugmacher mit Spannung auf die kommende ISTMA World Conference 2026 in Shanghai. Die Veranstaltung wird nicht nur ein weltweites Branchentreffen, sondern auch eine wichtige Gelegenheit sein, den chinesischen Markt besser zu verstehen – aus erster Hand. „Wer bereit ist, zu lernen, der wird dort sicher wichtige Impulse für die eigene Zukunft gewinnen können“, wirbt Berz für das Event.

Gemeinsam gestalten

Das ISTMA Europe Meeting 2025 hat gezeigt: Die Herausforderungen sind groß, doch der europäische Werkzeug- und Formenbau ist bereit­, ihnen gemeinsam zu be­gegnen. Was zählt, ist der Wille zur Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen – in ganz Europa­ –, der Wille zur Weiterentwicklung und zum offenen Blick über den Tellerrand. Stephan Berz resümiert: „Die ISTMA hat einen neuen Weg eingeschlagen: Unsere zentrale Auf­gabe besteht nun darin, eine Plattform­ für gemeinsames Vertrauen zu schaffen. Berlin war dafür der richtige Ort zur richtigen Zeit. Der Funke ist übergesprungen – jetzt gilt es, das Feuer zu entfachen. In diesem Sinne: Let’s make some noise!“